Was sollen Zölle?
Zölle entstehen überhaupt nur, wenn Waren von außerhalb der Europäischen Zollunion in die Zollunion eingeführt werden. Die Europäische Zollunion ist weitgehend identisch mit dem Gebiet der Europäischen Union (EU). Heute werden Zölle mit dem sog. Wirtschaftszollgedanken gerechtfertigt. Hiernach will der Einfuhrstaat (also die Europäische Zollunion) ungerechtfertigte Vorteile der eingeführten Ware abschöpfen. Diese ergeben sich regelmäßig dadurch, dass etwa die Lohn- und Fertigungskosten außerhalb der Zollunion niedriger und somit der Preis der eingeführten Ware billiger ist, als gleiche Waren, die innerhalb der Zollunion produziert werden. Regelmäßig lassen Unternehmen gerade deshalb im Ausland und außerhalb der Zollunion (z.B. in Asien) produzieren. Der Zoll sorgt somit gewissermaßen für einen fairen Wettbewerb. Damit wird auch klar, dass Zölle nur auf solche Produkte entstehen, die in den heimischen (europäischen) Markt eingehen und hier – ohne Zoll – einen Wettbewerbsvorteil zu heimischen Produkten hätten.
Praxis-Tipp: Hiermit lässt sich argumentieren, wenn der Zoll von einer Zollschuldentstehung ausgeht, weil bestimmte Verfahren vom Unternehmen nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurden oder anderweitige Verfehlungen begangen worden sind, es aber letztlich an einer Wettbewerbssituation fehlt (z.B. weil die Waren nie in der Union verkauft werden sollen). Das Argument sollte dann stets lauten, dass Zölle dann nicht entstehen, wenn sich durch die Verfehlung keine Auswirkung auf den Markt innerhalb der EU ergeben (z.B. wenn Waren der aktiven Veredelung nachweislich das Zollgebiet verlassen haben, aber im Rahmen der Veredelung Verfahrensfehler passieren).
Wem stehen die Zölle zu?
Bei den Zöllen handelt es sich um Abgaben, die unmittelbar der Europäischen Union zufließen, sie stellen also Eigenmittel der EU dar. Es sind letztlich die einzigen unmittelbaren „Steuern“ der EU. Weitere Eigenmittel der EU sind anteilig weitergeleitete Mehrwertsteuern und Zahlungen der Mitgliedstaaten an die EU. Im Jahr 2015 wurden in der EU rund 23,3 Mrd. Euro Zölle erhoben, wovon 18,6 Mrd. Euro an die EU überwiesen wurden. Die Zölle machten damit 13,6 % aller der EU zustehenden Eigenmittel aus (vgl. https://ec.europa.eu/taxation_customs/facts-figures/customs-duties-mean-revenue_de). Zum Vergleich: Allein die Tabaksteuer 2015 in Deutschland betrug 14,9 Mrd. Euro, das Gesamtsteueraufkommen Deutschlands betrug 620,3 Mrd. Euro, vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerschaetzungen_und_Steuereinnahmen/2016-01-29-steuereinnahmen-kalenderjahr-2015.pdf?__blob=publicationFile&v=2). Das Zollaufkommen ist im Vergleich zum Steueraufkommen also vergleichsweise gering.
Wo sind Zölle geregelt?
Seit der Einführung des Binnenmarktes (1.1.1993) gibt es innerhalb der EU keine Zölle mehr. Vielmehr ist die EU zollrechtlich ein Gemeinschaftsgebiet, an dessen Außengrenzen Zölle entstehen. Diese sind an allen Außengrenzen gleich, d.h. die EU selbst erhebt Zölle, nicht die einzelnen EU-Staaten. Diese stellen lediglich die Infrastruktur (nationale Zollbehörden und Zöllner) zur Verfügung. Entsprechend regelt die EU auch das Zollrecht in eigenen EU-Verordnungen. In den einzelnen EU-Staaten existieren noch nationale Zollgesetze, die aber nur noch Verfahrens- und Verwaltungsfragen regeln. Wesentliches Gesetz ̶ eine EU-Verordnung, die in jedem EU-Mitgliedstaat unmittelbar gilt ̶ ist der seit dem 1.5.2016 gültige Unionszollkodex (UZK).
Hinweis: Der Unionszollkodex (als EU-Verordnung) muss nicht in nationales Recht umgesetzt werden, sondern hat direkte Geltung in den Mitgliedstaaten der EU.
Wie funktioniert die Vertretung im Zollrecht?
Im Zollrecht muss der Zollpflichtige nicht selbst gegenüber den Zollbehörden auftreten. Er kann sich vielmehr vertreten lassen, Art. 18 UZK. Der Zollvertreter kann grundsätzlich alle Handlungen für den Vertretenen vornehmen (aktive wie die Abgabe von Zollanmeldungen oder Anträgen oder passive wie die Entgegennahme von Bescheiden). Die Stellvertretung im Zollrecht ist stets offen, d.h. der Zollvertreter muss offenlegen, dass er für jemand anderen handelt. Eine sogenannte „verdeckte“ Stellvertretung existiert im Zollrecht nicht. Zu unterscheiden ist zwischen der direkten und der indirekten Stellvertretung: (a) bei der direkten Stellvertretung handelt der Vertreter im fremden Namen und für fremde Rechnung, (b) bei der indirekten Stellvertretung handelt der Vertreter im eigenen Namen aber für fremde Rechnung. Der Zollvertreter muss stets im Zollgebiet ansässig sein, nicht aber der Vertretene.
Hinweis: Zollanmelder und damit auch Zollschuldner ist die Person, die im eigenen Namen eine Zollanmeldung abgibt oder in deren Namen eine Zollanmeldung abgegeben wird. Bei der direkten Stellvertretung ist der Vertretene Zollanmelder. Er muss in der EU ansässig sein, ansonsten ist eine direkte Stellvertretung nicht möglich. Bei der indirekten Stellvertreter ist der Vertreter Anmelder (weil er die Zollanmeldung im eigenen Namen abgibt), er muss im EU-Gebiet ansässig sein. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Vertretene in der EU ansässig ist. Damit kommt die indirekte Stellvertretung immer dann in Betracht, wenn der Vertretene außerhalb der EU ansässig ist und in der EU keine Ansässigkeit begründen will (z.B. ein außerhalb der EU ansässiger Lieferant der sich zur Lieferung DDP verpflichtet). Achtung: Bei der indirekten Stellvertretung schuldet der Vertreter als Anmelder aber auch die Einfuhrabgaben. Er wird sich diese vom Vertretenen erstatten lassen, trägt aber das Risiko, dass dieser mit der Zahlung ausfällt. Der indirekte Vertreter wird sich dieses Risiko entsprechend vom Vertreter vergüten lassen.